Medizin studieren in Österreich
Medizin studieren in Österreich funktioniert etwas anders als in Deutschland. Sowohl der Aufnahmetest MedAT, als auch der Aufbau des Studiums unterscheiden sich vom deutschen Modell. Wie das in Österreich funktioniert und was die Unterschiede zwischen den einzelnen öffentlichen medizinischen Universitäten sind, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Warum in Österreich Medizin studieren?
Der Traum vom Medizinstudium rückt durch den großen Andrang bei begrenzter Studienplatzanzahl für viele nach dem Schulabschluss erst einmal in weite Ferne. Bekommt man im Heimatland keinen Studienplatz, gibt es verschiedene Alternativen, um doch noch zum Traumstudium zu kommen. Österreich bietet hier als Studienort viele Vorteile, da dort die Studienplatzvergabe für Human- und Zahnmedizin ganz anders als z.B. in Deutschland funktioniert. Es gibt vier öffentliche Universitäten in vier verschiedenen Städten, an denen man in Österreich kostenlos Medizin studieren kann (Wien, Graz, Innsbruck und Linz). Der Notendurchschnitt ist hier irrelevant und jede:r Bewerber:in hat die gleichen Chancen auf einen Medizinstudienplatz. Es kommt nur auf das Ergebnis des Medizinertests (MedAT) an. Dieser findet einmal im Jahr im Sommer statt, die Anmeldung ist jedes Jahr im März ganz einfach online möglich und der Test darf im Gegensatz zu anderen Eignungstests beliebig oft wiederholt werden.
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Das Studium in Österreich ist ein Diplomstudium, welches in drei Abschnitte eingeteilt wird. Eine Ausnahme ist Linz, hier ist das Studium in einen Bachelor und Master eingeteilt. Ein wichtiger Unterschied zum Nachbarland Deutschland ist, dass es in Österreich kein Physikum bzw. Hammerexamen (erstes und zweites Staatsexamen) gibt, sondern je nach Universität, unterschiedliche, modulare Prüfungssysteme. Während des Studiums schreibt man eine Diplomarbeit und hat damit bereits mit Abschluss des Studiums den Titel Dr. med. univ. Es ist in Österreich nicht nötig, vor dem Studium ein Praktikum (wie beispielsweise das in Deutschland benötigte 3-monatige Pflegepraktikum) zu absolvieren. Insgesamt ist das Studium in Österreich aber sehr praxisorientiert. Im Folgenden geben wir einen kleinen Einblick in die Unterschiede der verschiedenen Universitäten. Für genauere Informationen zum Studium empfehlen wir aber auch die offiziellen Webseiten der Universitäten.
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Möchte man während des Studiums in seinem Heimatland Famulaturen (Pflichtpraktika des Medizinstudiums) absolvieren, ist das kein Problem. Die Bewerbung verläuft unkompliziert und die österreichische Uni erkennt diese in der Regel an. Absolviert man seine Famulaturen in Österreich, hat man den Vorteil, sein Umfeld ohne Probleme verstehen zu können. So geht in der Lehre und Praxiserfahrung nichts durch eine eventuell bestehende Sprachbarriere verloren. Nicht nur das Studium ist auf Deutsch, sondern auch die anderen Studierenden und Lehrenden, sowie die Patient:innen sprechen Deutsch, was ein großer Vorteil ist. Das letzte Jahr des Studiums ist das sogenannte klinisch praktische Jahr bzw. KPJ. Auch dieses kann man zumindest teilweise im Ausland (also zum Beispiel im Heimatland) ableisten. Auch ein Berufseinstieg innerhalb der EU Länder nach dem Studium ist kein Problem mit dem österreichischen Studienabschluss. Die Akkreditierung des österreichischen Abschlusses in Deutschland oder der Schweiz ist eine Formsache.
Doch wie genau kommt man denn jetzt zum begehrten Studienplatz?
Der administrative Aufwand zur Testanmeldung ist überschaubar. Man muss sich online im Monat März registrieren und bis Ende März die Testgebühr einzahlen (ca. 110 Euro). Bei der Anmeldung ist außerdem wichtig, dass ihr euch für die richtige Quote eintragt (Österreicher:innen, EU-Länder, Nicht-EU-Länder) und ihr müsst euch auch für die Stadt entscheiden in der ihr, falls ihr besteht, studieren wollt.
Jetzt gilt es, sich bestmöglich vorzubereiten.
Der österreichische Medizinertest besteht aus einem Basiskenntnistest (Fragen in Biologie, Chemie, Mathematik und Physik), Textverständnis, aus kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie sozial emotionalen Kompetenzen. Je nachdem ob man sich für Humanmedizin oder Zahnmedizin bewirbt, finden sich teilweise andere Untertests.
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Für die Vorbereitung auf den MedAT muss auf jeden Fall viel Zeit eingeplant werden. Im ersten Teil des Tests (Basiskenntnistest) kommt es rein auf Wissen an. Die Fragen sind auf Maturaniveau (Abiturniveau) und es gibt eine genaue Stichwortliste zu jedem Gebiet.
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Nach der Anmeldung findet man im Kurs zur Vorbereitung zum Aufnahmetest alle offiziellen Informationen. Oftmals wird unterschätzt, wie effizient man sich auch für den kognitiven und sozialen Teil vorbereiten kann und welch enorme Steigerung in den einzelnen Untertests möglich ist. Mit den richtigen Strategien und fleißigem Training kann man gute Ergebnisse erzielen.
Nach erfolgreicher Vorbereitung gilt es dann im Sommer einmal nach Österreich zu fahren, um den Test zu absolvieren. Der Test findet zeitgleich in allen vier Städten immer an einem Freitag statt und lässt sich so auch gut mit anderen möglichen Verpflichtungen vereinbaren. Außerdem ist der Testtag der einzige Tag, bei dem man tatsächlich in Österreich anwesend sein muss. Alles andere klappt unkompliziert online.
Die Ergebnisse des MedAT werden online ca. einen Monat nach dem Test veröffentlicht. Bekommt man einen Studienplatz zugeteilt, macht man ganz einfach online einen Termin für die Einschreibung aus und das Abenteuer Medizinstudium kann losgehen. Spätestens jetzt sollte man sich auch um eine Wohnung kümmern. Hat es nicht gereicht, kann man es im nächsten Jahr einfach nochmal versuchen. Auch wenn es frustrierend ist, den MedAT beim ersten oder. auch zweiten Mal nicht geschafft zu haben, muss man wissen, dass die meisten Leute für den MedAT mehrere Anläufe brauchen. Man hat den Vorteil, den Test schon einmal mitgemacht zu haben. So weiß man besser, was im nächsten Jahr was auf einen zukommt.
Möchte man also Medizin studieren und hat im Heimatland keine Chance auf einen Platz, ist Österreich eine unkomplizierte Alternative. Es gibt organisatorisch fast nichts zu erledigen, die Sprache ist die gleiche und auch der Wechsel später in andere EU Länder ist sehr einfach. Die Krankenhäuser und Universitäten sind modern und international anerkannt und die Ausbildung ist auf einem hohen Niveau. Mit viel Eigeninitiative und Disziplin ist auch der MedAT eine schaffbare Hürde und so für viele die einzige Möglichkeit doch noch Medizin studieren zu dürfen.
Die einzelnen Universitäten
Wien
In Wien ist das Studium in Themenblöcke aufgeteilt (z.B. Respiration, Niere und Homöostase) und der Stoff eins ganzen Jahrs wird am Ende des Sommersemesters in den sogenannten SIPs (MC Prüfungen) abgefragt. Während des Semesters gibt es zwar Überprüfungen, welche allerdings nur mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ gewertet werden. Benotet werden, bis auf wenige Ausnahmen, nur die SIPs. Neben diesen Themenblöcken gibt es noch verschiedene Kurse, welche themenübergreifend stattfinden. In den Semestern 4, 5 und 6 hat man den Sezierkurs (Organmorphologie). Anders als in vielen anderen Ländern seziert man in Wien also über eineinhalb Jahre, was eine viel bessere Auseinandersetzung und Festigung der anatomischen Kenntnisse ermöglicht. Insgesamt ist das Studium in Wien so aufgebaut, dass die Themen mehrmals wiederholt werden und dabei immer mehr Stoff dazu kommt. Das hat den Vorteil, dass man so auf bestehendes Wissen aufbauen und dieses direkt mit neu gelerntem verknüpfen kann.
Innsbruck
In Innsbruck gibt es Module (z.B. Blut, endokrines System), der Stoff wird wie in Wien durch SIPs am Ende jedes Studienjahres abgeprüft. Gleich zu Beginn des Studiums erwartet dich hier allerdings die sogenannte UKM Prüfung (gehört zum Modul „Kompetenzen im Umgang mit kranken Menschen“). Auch wenn sich die Inhalte der einzelnen Module und Kurse von den Blöcken in Wien unterscheiden, finden sich hier doch viele Gemeinsamkeiten im Studienaufbau.
Das fünfte Studienjahr besteht aus Tertialen (in Wien Neurologie, Psychiatrie, Kinder- und Jugendheilkunde, Frauenheilkunde, HNO, Augenheilkunde und Notfall- und Intensivmedizin). Die Tertiale sind in Vorlesung, Seminare, Praktikum und klinisches Praktikum eingeteilt. Im klinischen Praktikum verbringt man bereits aktiv Zeit im Krankenhaus und kann so das in den Vorlesungen/Seminaren/Praktika gelernte direkt anwenden.
Graz
In Graz ist das Studium ebenfalls in sogenannte Module eingeteilt. Neben den Modulen gibt es sogenannte Track-Lehrveranstaltungen, welche sich über ein ganzes Semester erstrecken können. Geprüft werden die einzelnen Module am Ende durch eine Modulprüfung. Im zweiten Studienabschnitt gibt es neben den Pflichtveranstaltungen auch Wahlpflichtveranstaltungen, hier kann man individuelle Interessen vertiefen.
Teil des ersten Semesters ist hier ein Stationspraktikum, sodass man bereits zu Beginn Klinikalltag schnuppern kann.
Linz
In Linz studiert man Medizin im Bachelor-Master-System. Bachelor und Master dauern jeweils sechs Semester, insgesamt unterscheidet sich die Studiendauer also nicht vom Diplomstudium. Das Studium ist in Module aufgebaut, welche organ- und themenzentriertes Lernen ermöglichen. Neben den Modulen gibt es genau wie in Graz „Track“ Lehrveranstaltungen die parallel und modulübergreifend stattfinden. Da man in Linz erst seit 2014 Medizin studieren kann, ist dieses Studiensystem sicher das modernste und innovativste. Bereits ab dem 5. Semester sind Teile der Module in der Klinik, der Praxisbezug ist hier also sehr groß. Die ersten beiden Jahre studiert man entweder in Linz oder in Graz, evtl. ist also ein Wechsel und Umzug nötig. Der Bachelor ist ähnlich dem Studium in Graz auch in Module eingeteilt. Am Ende jedes Semesters ist eine Gesamtprüfung aller Module des Semesters zu absolvieren. Man schreibt eine Bachelorarbeit am Ende des Bachelors und eine Masterarbeit am Ende des Masters und erhält dann ebenfalls den Titel Dr. med. univ. Während dem Masterstudium muss man einige Pflichtfächer absolvieren, dazu kommt ein großes Angebot an Wahlfächern (z.B. Herzchirurgie, Psychologie, Sportmedizin).