Der Mensch verfügt über 22 paarige Autosomen und zwei Geschlechtschromosomen, insgesamt also über 46 Chromosomen. Die beiden Geschlechtschromosomen einer Frau setzen sich aus zwei X-Chromosomen zusammen, während ein Mann über je ein X- und ein Y-Chromosom verfügt. Bei der Zeugung eines neuen Lebens erhält das Kind von beiden Elternteilen je 22 Autosomen und ein Geschlechtschromosom.
Ein Gen ist die kleinste Organisationseinheit auf jedem Chromosom und codiert normalerweise für ein Protein. Da jedes Chromosom (mit Ausnahme der Geschlechtschromosomen beim Mann) paarig vorhanden ist, existieren von jedem Gen zwei Kopien. Eines der beiden Gene stammt dabei vom Vater, das andere von der Mutter. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass sich ein Gen in seiner Basensequenz leicht unterscheidet. Diese unterschiedlichen Ausprägungen bezeichnet man als Allel. Eine Ausnahme sind hier die Gene auf dem X-Chromosom beim Mann, da sie nur einmal vorkommen.
Beide Gene können unterschiedlich, aber auch identisch sein. Besitzt ein Mensch für ein Gen auf beiden Chromosomen dasselbe Allel, so bezeichnet man ihn in Bezug auf dieses Gen als homozygot (reinerbig). Besitzt er hingen zwei unterschiedliche Allele, so bezeichnet man ihn als heterozygot (mischerbig).
Die Analyse von Erbgängen geht auf Gregor Mendel zurück, der im Jahre 1866 erkannte, dass beobachtete Unterschiede im Phänotyp (Aussehen und Funktion) durch unterschiedliche Allele der Gene eines Lebewesens verursacht sind. Während seiner Untersuchungen entdeckte er einen wesentlichen Aspekt der Genetik: es ist immer nur eines der zwei vorhandenen Allele aktiv, da das zweite abgeschaltet wird. Hierbei ist die Unterscheidung zwischen einem dominanten und rezessiven Allel von entscheidender Bedeutung. Während sich ein dominantes Allel immer im Phänotyp manifestiert, kommt ein rezessives Allel nur dann zum Vorschein, wenn es sich auf beiden Chromosomen befindet.
Dieses Wissen lässt sich für die Berechnung des Wiederholungsrisikos bei Erbkrankheiten nutzen. Da die Vererbung keinen festen Regeln folgt, sondern zufällig geschieht, kann man lediglich statistische Aussagen darüber treffen, welche Allele ein Kind von seinen beiden Elternteilen erhalten wird. Ein krankmachendes Allel wird im weiteren Text als mutiert bezeichnet.
Bei Erbkrankheiten unterscheidet man nun grundsätzlich drei verschiedene Vererbungsmuster.
Beim autosomal dominanten Erbgang ist das mutierte Allel dominant und befindet sich auf einem Autosom. Das bedeutet, dass die Erkrankung beim betroffenen Kind ausbricht, sobald nur ein mutiertes Allel vererbt wurde. Bei dieser Art der Vererbung muss mindestens ein Elternteil von der Erkrankung betroffen sein. Ist nun beispielsweise der Vater des Kindes erkrankt und heterozygot für das mutierte Allel, so beträgt das Wiederholungsrisiko für die Erkrankung 50 %, da der erkrankte Elternteil über ein gesundes und ein mutiertes Allel verfügt und statistisch gesehen in etwa der Hälfte der Fälle das gesunde und in der anderen Hälfte das mutierte Allel vererbt wird.
Beim autosomal rezessiven Erbgang ist das mutierte Allel rezessiv und befindet sich ebenfalls auf einem Autosom. Bei diesem Vererbungsschema bricht die Erkrankung beim Kind nur dann aus, wenn es zwei mutierte Allele erhält - jeweils eines von der Mutter und eines vom Vater. In diesem Fall können die Eltern vollkommen gesund sein, da sie als Heterozygoten beide über ein gesundes und ein mutiertes Allel verfügen und sich bei ihnen das dominante, gesunde Allel durchsetzt. Die Eltern würde man in dem Fall als Träger bezeichnen.
Der dritte Erbgang ist der X-chromosal rezessive Erbgang. In diesem Fall sitzt das mutierte Allel auf dem X-Chromosom und ist rezessiv. Als Besonderheit bei diesem Erbgang ist anzumerken, dass bei Männern jedes Allel auf dem X-Chromosom dominant ist, da der Mann im Gegensatz zur Frau lediglich über ein X-Chromosom verfügt.