Geometrische Optik
Die geometrische Optik ist das einfachste Modell der Optik. Sie kann die Alltagsphänomene sehr gut und einfach beschreiben, stößt aber bei Spezialfällen und Grenzfällen bald an ihre Grenzen.
Abb. 1: Einteilung der Optik
In der geometrischen Optik werden einige (vereinfachende) Annahmen gemacht:
Das Licht besteht aus (nicht genauer definierten) Lichtstrahlen , die sich geradlinig ausbreiten.
Jeder Strahlengang ist umkehrbar - es ist egal, ob man die Lichtstrahlen in Ausbreitungsrichtung oder gegen die Ausbreitungsrichtung betrachtet.
Lichtstrahlen beeinflussen einander nicht - sie können sich durchkreuzen und beliebig nahe aneinander liegen ohne irgendwelche Auswirkungen. Diese Annahme ist jedoch nicht verträglich mit den Interferenzerscheinungen – siehe auch „Welle-Teilchen-Dualismus“.
Licht wird von Materie gebremst bzw. absorbiert.
Trifft Licht auf eine Grenzfläche, so kann es reflektiert werden. Es verhält sich dabei wie ein Ball, den man gegen eine Wand wirft: er springt unter genau dem gleichen Winkel von der Wand weg, wie man ihn gegen die Wand geworfen hat. Zeichnet man das Einfallslot orthogonal auf die Fläche ein sowie den Einfallswinkel α und den Ausfallswinkel β, so gilt α = β .
Abb. 2: Einfallswinkel und Ausfallswinkel
Ein Hohlspiegel ist nach innen gekrümmt. Das Einfallslot zeigt an jeder Stelle des Spiegels in eine andere Richtung. Je nachdem, wo der Lichtstrahl auftrifft, wird er unterschiedlich reflektiert. Hat der Querschnitt des Spiegels die Form einer Parabel (Parabolspiegel ), kreuzen sich alle parallel zur optischen Achse einfallenden reflektierten Strahlen in genau einem Punkt, dem Brennpunkt F. Liegt der Gegenstand außerhalb der Brennweite , so entsteht immer ein reelles umgekehrtes Bild B. Parabolspiegel werden bei sehr großen Teleskopen verwendet, da sie weniger Verzerrungen unterliegen als große und damit dicke Linsen.
Abb. 3: Strahlengang einer Lupe
Ein reelles Bild lässt sich mit einem weißen Blatt Papier oder einer weißen Wand wie bei einem Projektor auffangen. Mit einem virtuellen Bild geht das nicht. Beispiele dafür sind der Blick in den Spiegel oder durch eine Lupe - diese Bilder können nicht einfach mit einem weißen Blatt Papier aufgefangen werden, denn dafür wäre weitere Technik (z.B. die Linse im Auge) notwendig.
In der vorigen Abb. 3 ist die Skizze eines Hohlspiegels zu sehen mit dem Gegenstand G, einigen eingezeichneten Strahlengängen und dem Bild B. Der Gegenstand G wird durch den Pfeil dargestellt. Dieser kann eine Lichtquelle sein, jedoch würde es auch genügen, dass er von Umgebungslicht beleuchtet wird, damit von ihm Lichtstrahlen ausgehen.
Eine kleine Auswahl an sogenannten "ausgezeichneten Strahlen" wurde eingezeichnet. Deren Strahlenverlauf ist nämlich durch die Linse bereits bekannt. Parallel einfallende Strahlen (im Bild der oberste Strahl) müssen nach der Reflexion durch den Brennpunkt F verlaufen. Strahlen, die vor der Reflexion durch den Brennpunkt F verlaufen (im Bild der mittlere Strahl), müssen nach der Reflexion parallel verlaufen. Im Bild ist dies beispielsweise für die Spitze des Pfeils eingezeichnet. Dort, wo sich die beiden Strahlen treffen, entsteht das reelle Bild B. Auch alle anderen Lichtstrahlen, die von der Spitze des Pfeils G ausgehend in den Parabolspiegel fallen, werden sich nachher in diesem selben Punkt, dem Bild, kreuzen. Man kann sie aber erst konstruieren, wenn man schon den Bildpunkt kennt. Das ist bei den ausgezeichneten Strahlen eben anders. Daher sind sie "ausgezeichnet" und werden zur Konstruktion des Bildes verwendet. Auch für alle anderen Stellen des Gegenstands gilt dasselbe. Erst die Summe aller ergibt das ganze Bild des Gegenstands. In diesem Beispiel wird auch die Namensgebung "geometrische Optik " klar, denn man kann alle Strahlengänge ganz einfach mit einem Geodreieck zeichnen.
Trifft Licht auf eine Grenzfläche, so kann es nicht nur reflektiert, sondern auch gebrochen werden. Der einfallende Strahl hat einen anderen Winkel (α) als der gebrochene Strahl (β). Das Fermatsche Prinzip besagt: Licht nimmt immer den Weg mit der kürzesten Zeit. In einem optisch dichteren Medium (höherer Brechungsindex n ) breitet sich Licht langsamer aus als im optisch dünneren Medium (niedrigerer Brechungsindex), weshalb es beim Eintritt in das optisch dichtere Medium zum Lot gebrochen wird. Man kann das über die folgende verwandte Frage erklären: Ein Rettungsschwimmer befindet sich am Punkt P0 und möchte einen Ertrinkenden bei P2 retten. An Land (der Brechungsindex n entspricht hier einer Verlangsamung der Geschwindigkeit, gleich wie für das Licht) kann er schnell laufen, im Wasser (Verlangsamung n` ) ist er deutlich langsamer. Wie wird er seinen Weg wählen, um möglichst schnell beim Ertrinkenden zu sein?
Abb. 4: Brechung an der Grenzfläche zweier Medien
Wenn man diese Extremwertaufgabe löst, erhält man das Snelliussche Brechungsgesetz :
c2 * sin(α) = c1 * sin(β) bzw. n1 * sin(α) = n2 * sin(β) .
In der Formel ist α der Einfallswinkel, β der Ausfallswinkel, c1 ist die Geschwindigkeit des Lichtes (des Rettungsschwimmers) im dünneren Medium (an Land) und c2 die Geschwindigkeit im dichteren Medium (im Wasser). n1 ist der Brechungsindex des dünneren Mediums (des Landes) und n2 der des dichteren (des Wassers). Der Brechungsindex n ist definiert als das Verhältnis der Geschwindigkeit im Vakuum (ca. 300.000 km/s) zur Geschwindigkeit im jeweiligen Medium:
n = \frac{c_0}{c_M}
Damit hat das Vakuum den kleinsten Brechungsindex von 1. Gewöhnliche Stoffe wie Wasser, Glas oder Plastik haben einen Brechungsindex zwischen 1 und 2. Licht läuft also in allen Medien langsamer als im Vakuum. Dies trifft auch auf Luft zu, da der Brechungsindex von Luft genau genommen 1,000292 beträgt. Der Unterschied ist aber so minimal, dass vereinfacht von einem Brechungsindex von 1 im Vakuum und in der Luft gesprochen wird.
Insbesondere gilt für die Brechung: Tritt der Lichtstrahl vom dünneren ins dichtere Medium ein, so erfolgt die Brechung zum Lot . Tritt der Lichtstrahl hingegen vom dichteren ins dünnere Medium aus, so erfolgt die Brechung vom Lot . Bei der Brechung vom Lot könnte es mathematisch passieren, dass der Ausfallswinkel über 90° wäre. In diesem Fall verliert das Brechungsgesetz seine Bedeutung und es kommt stattdessen zur Totalreflexion. Außerdem gilt: Trifft Licht senkrecht auf eine Grenzfläche, tritt keine Brechung auf. Das Brechungsgesetz gibt aber keine Auskunft darüber, wie viel Licht im Medium absorbiert wird und warum blaues Licht etwas stärker gebrochen wird als rotes. Letzteres kommt daher, dass Licht mit einer höheren Frequenz stärker gebrochen wird als Licht mit niedriger Frequenz – diese Tatsache kann mittels der geometrischen Optik nicht erklärt werden.
Eine Linse ist ein durchsichtiges optisches Bauelement mit zwei lichtbrechenden Flächen. Diese Flächen können plan (keine Krümmung), konvex (nach außen gekrümmt) oder konkav (nach innen gekrümmt) sein:
Merkhilfe: "Konvex wie der Buckel von der Hex"
Abb. 5: Unterschiedliche Formen von Linsen
Die Krümmung von Linsen ist stets so gewählt, dass jede Linse einen (theoretischen) Brennpunkt F besitzt.
Ein weiterer Merksatz lautet: "Ist die Schüssel konkav, bleibt die Suppe brav. Ist die Schüssel konvex, macht sie einen Klecks."
Sammellinsen
Bikonvexe und plan-konvexe Linsen wirken als Sammellinsen . Parallel einfallende Lichtstrahlen werden in einem Punkt, dem Fokus oder Brennpunkt F , gesammelt. Der Abstand zwischen Linsenmitte und dem Brennpunkt ist die Brennweite f . Die Umkehrung gilt auch: Gibt man eine Lichtquelle in den Brennpunkt, so wird die Linse das Licht so brechen, dass die Lichtstrahlen danach parallel weiter laufen. Dieses Prinzip macht man sich bei Scheinwerfern und Taschenlampen zunutze.
Abb. 6: Sammellinse und Brennpunkt F mit Brennweite f
In Abb. 7 ist das Konstruktionsschema für ein reelles Bild mittels einer Sammellinse zu sehen. Jeder Punkt des Gegenstands sendet Strahlen in alle Richtungen aus. Ein Strahlenbündel trifft auf die Linse und wird bei reellen Bildern in einem Bildpunkt wieder zusammengeführt. Dies betrifft alle Punkte des Gegenstands und damit baut sich das gesamte Bild auf. Befindet sich der Gegenstand außerhalb der Brennweite, ergibt sich ein reelles, umgekehrtes Bild. Natürlich sendet nicht nur die Spitze des Objekts drei Strahlen aus, so wie in der Grafik, sondern es sind wieder nur die für die Konstruktion wichtigen ausgezeichneten Strahlen eingezeichnet.
Abb. 7: Sammellinse und reelles Bild
Die wichtigste Formel in Bezug auf Linsen ist die sogenannte Linsengleichung:
\frac{1}{g}+\frac{1}{b}=\frac{1}{f}
Hier bezeichnet g die Gegenstandsweite , b die Bildweite und f die Brennweite .
Zerstreuungslinsen
Plan-konkave und bikonkave Linsen wirken als Zerstreuungslinsen . Parallel einfallende Strahlen laufen nach der Linse auseinander. Verlängert man allerdings die Strahlengänge (theoretisch) durch die Linse hindurch, so kommt man zu einem (theoretischen) Brennpunkt. Für einen Betrachter der hinter (rechts) der Linse steht, sieht es so aus, als ob alle Lichtstrahlen aus diesem Brennpunkt kommen würden.
Abb. 8: Strahlengang einer Zerstreuungslinse
Durch geschicktes Hintereinanderreihen von Linsen kann man parallel einfallende Lichtstrahlen wieder parallel ausfallen lassen, beliebig zusammengepresst oder auseinandergezogen darstellen und das Bild wieder in die Ausgangsrichtung zurückdrehen. Dies bildet die Grundlage für Fernrohre, Teleskope, Mikroskope etc.